Sonntag, 30. September 2012

Gruppensitzung

Wenn wir uns bitte mal von der Vorstellung verabschieden könnten, dass ich ein guter Kerl bin. Ich bin zynisch, ich bin emotional unterkühlt und ich tue Menschen weh. Mit Gesagtem und vielem Nicht-Gesagten.

Ich hab in den letzten Monaten mehr Mr. Hyde Momente gehabt, als in den ganzen vorherigen Jahren.Wisst ihr, ich komme oft mit dieser "Mehrere Typen wohnen in mir"-Ausrede. Und auch dieses mal werde ich damit kommen. Es ist dumm, es ist am Ende meine eigene Verantwortung, aber ich fand heute die Vorstellung so gut.

Stellt euch meinen Kopf als Selbsthilfegruppe vor. Da sitzen sie alle auf ihren Stühlen im Kreis. Die Attention Whore, die bei jedem Weltkügelchen auf Facebook jauchzt, der Komiker, der eigentlich nur am Gag schreiben ist, obwohl ihm das Publikum fehlt. Und dann steht da einer in der Mitte. Irgendwo zwischen Wut und Teilnahmslosigkeit. Sein Blick ist leer. Sein Mund zu einem zynischen Grinsen verzogen. Und er erzählt, oder viel mehr schweigt. Er sieht, was ich sehe.

Und ich würde gern sagen, dass er gerade die Entscheidungen trifft, dass kein Anderer aufspringt und eingreift. Aber wie gesagt. Am Ende bin ich es einfach. Ich bin es, der gerade Menschen um sich herum verletzt. Ich bin es, der die falschen Entscheidungen trifft. Ich sag euch, dass wird vielleicht ein Jahresrückblick. Wahrscheinlich eher eine Selbstgeißelung.

Aber wisst ihr, da passieren auch Dinge. Während ich anderen in meiner Umgebung schade, taucht sie wieder auf. Und für einen kurzen Augenblick gibt sie mir das Gefühl, dass da noch mehr ist. Das es wieder ein Sitzplatz für den Typen in der Mitte gibt. Und die Selbsthilfegruppe richtet den Blick nach draußen. Sie öffenen die Gardinen, nehmen die Bretter von den Fenstern. Sie warten auf das Licht. Und da ist aber nichts. Kein Stuhl wird frei. Die Gruppe senkt den Blick. Und der Mann in der Mitte fängt wieder an zu Grinsen. Und die Fenster werden wieder verschlossen. Mit noch mehr Brettern. Weil diese Dunkelheit so unerträglich ist.

Versteht das nicht falsch. Nie war ich mehr in der Täterposition, wie jetzt. Je mehr ich darüber nachdenke, was einen guten Menschen auszeichnet, desto mehr zerstöre ich mein eigenes Profil.  

Ich bin ab morgen in Berlin. Für ein Praktikum. 3 Monate. Und auch wenn ich wirklich kein Fan von Berlin bin, muss ich mal weg von hier. Vielleicht hilft das ja. Auch wenn ich dran zweifle. Außer meine Nichten kennen irgendwelche Schamanenrituale zur Karmawiederherstellung. Bei dieser Berliner Hippiepädagogik würde es mich nichtmal wundern.

Ich wollte immer Hulk sein. Doch nun bin ich sein Nemesis. Ich bin eine Abomination.

Dienstag, 11. September 2012

Ein Dialog

Mai 2009. Forst. Wilhelms Zimmer.


Hallo Wilhelm, fleißig am Lernen?

Ähh... du bist ich. Nur haariger... und dicker. Wusste nicht, dass sowas noch geht. Du bist also mein...

Zukunfts-Ich.

....Zukunfts-Ich. Und bist hier, um mich vor einen großen Fehler zu bewahren und so die ganze Welt zu retten!

Schreibst du wirklich dir und deinen Taten so eine große Wirkung hinzu?

Naja, Schmetterlingseffekt und so...

Nein. Ich bin in erster Linie hier um dich zu beruhigen. Und um dir vielleicht einige Wunschträume zu zerstören. Um dich zu schützen. Glaub ich...

Ich sehe, so überzeugt von sich selbst wie eh und je. Okay. Dann leg mal los.

Puhh okay... wo fang ich an... Das was du hier hast. Das wird vorbeigehen. Du wirst jetzt vielleicht denken, die Freundschaften, die du hier hast, das wird nie vorbeigehen, doch du irrst dich. Was davon übrig bleibt, ist im Vergleich nicht viel.

...

Doch deswegen umso wertvoller! Das was davon übrigbleibt, wird dich begleiten. Überall hin. Und dann gibt es noch diese Abende, da ist alles wie damals. Mit all diesen Verrückten. Und du wirst jeden Einzelenen davon im Herzen behalten.

Du wirkst anders. Nicht mehr so lustig.

Ja, tut mir leid. Ich weiß nicht wo genau, aber irgendwo hab ich es verloren. Du...ich... wir sind härter geworden...

Ich werd ein Schläger?! Coooool. 

Nein, du bleibst ein Schisser. Es ist anders. Wir verrohen auf eine andere Art. Dieses Emotionale. Das was dich bloggen lässt. Das verliert sich. Du findest dich mit mehr ab. Du wirst zynischer dir selbst gegenüber. Manchmal auch gegenüber Menschen, die das nicht verdienen.

Das hört sich ganz und garnicht cool an. Höre ich dann auch mit den Comics und so auf?

Nein, das bleibt. Wird sogar noch stärker. Es werden Eigenschaften, die dich auszeichnen und irgendwann findest du es sogar gut, weil du auf Menschen treffen wirst, die entweder dein Interesse teilen oder anerkennen. Schäm dich nicht dafür. Da gibts genug anderen Kram. 

Irgendwie hört sich das alles nicht so geil an. Aber hey, sag mir wo der Punkt ist, wo was schief lief und ich bügel es aus! Und dann komm ich ins Fernsehen und so.... was gibts da zu grinsen?

Nichts, nichts. Wenn ich dir das sagen könnte. Wenn ich zurückschaue, denke ich, dass es eigentlich keine falschen Entscheidungen gab. Also so krasse. Wir sind so wie wir sind. Vielleicht kommt gleich nachdem ich verschwinde, ein Wilhelm aus einer noch entfernteren Zukunft und kann dir diese ganze Geschichte mit einem großen Happy End erzählen. Mit Feuerwerk und all dem Kram. 

Ist es so schlimm, wie es gerade ist? Also bei dir?

Überhaupt nicht. Dein Umfeld bleibt toll. Schützend, inspiriend. Nur du.. ich weiß nicht. Vielleicht ist es einfach nur Erwachsenwerden und es fühlt sich halt so an.... Ich muss dann auch wieder.

WARTE! Was ist mit den Frauen! Also mit mir und den Frauen! Bleibe ich.... allein?

Es.... es wird anders.

Also YEAH!?

Anders. Besser? Hmmm.. leicht ist es mit Sicherheit nicht.  Nicht nur für dich.

Klare Antwort! JETZT! SOFORT!

Machs gut. Und heul nicht zu sehr rum wegen deinem verpatzten Ostsee-FÖJ. Du bekommst den besten Ersatz, den du dir vorstellen kannst.

Aber....