Hass
Ich ziehe meine Schultern an den Hals, es ist kalt. Die
Hand, mit der ich meine Flasche Bier halte, ist schon fast taub. Mit
Handschuhen rutscht mir die Pulle aber aus der Hand. Eine hab ich dadurch schon
zerdeppert. Wenigstens wärmt der Wodka. Wir reichen die Flasche rum. Nicht die
erste an diesem Abend. So langsam sind die Zigaretten aufgeraucht. „Also ich
schreib dir noch mal, wenn heut Abend was läuft.“ „Okay, mach des! Aber vergiss
es nicht wieder!“ Antworte ich. Wir heben die Hand und verabschieden uns aufs
erste. Jeder hat einen anderen Weg.
Ich gehe die Straße entlang. Bis auf Mäces hat alles zu und
keiner ist um diese Uhrzeit noch auf den Straßen. Meine Flasche ist fast leer,
nur noch der letzte, ekelhafte Rest. Also schmeiße ich die Flasche weg.
Irgendwo hinter mir zerschellt sie. Die ersten Weihnachtsbuden stehen auf der Promenade.
„Scheiß Kapitalisten!“ denke ich, rotze gegen die Crêpe-Bude und zieh weiter
meinen Weg. Weiter vor mir biegt eine Person auf den Weg. Der Atem ist zu
sehen, sie scheint zu frieren und telefoniert. Mit dem Näherkommen wird die
Stimme lauter und deutlicher, doch ich verstehe sie nicht. Ich laufe schneller.
Als ich die Person eingeholt habe, zerre ich an ihrer Schulter und sehe ihr ins
Gesicht. „Was quatschtn du da für Scheiße?!“ brülle ich? „Sorry, I don’t speak
German.“ Kommt es verängstig zurück. „Sorry, I dididede. Du bist hier in
Deutschland, sprich deutsch du Pisser! Deutsch! Verstehste?!“ Angst kriecht in
ihm hoch. Er wird gleich wegrennen. Doch darauf bin ich vorbereitet. Beim
kleinsten Zucke reagiere ich. In zehn, elf Schritten habe ich ihn wieder ein
und spring ihm in die Beine. Während das Telefon über den Boden schlittert,
hört man die besorgte Stimme am anderen Ende. Ich steh auf und fang an ihm auf
die Knie zu latschen. Er schreit, bis ich zum Oberkörper komme. Wie herrlich es
knackt, als ich ihm ins Gesicht trete. Er bewegt sich nicht mehr. Ich
zertrample sein Handy und geh weiter. Jetzt ist mir warm. Ich verschnaufe kurz
und stelle mich an eine Weihnachtsbude. Meine Pisse gefriert sofort, als sie
das Holz runter rinnt. Es ist kalt am Schwanz. Mal schauen ob ich ihn heute
noch irgendwo reinstecken kann. Mein Handy fängt an zu klingeln: „Bei 'ner
Panzerdivision war Opa einst dabei. Man hat aufgeräumt in der Russerei.“ Ne SMS
von Steffen. Er hats also nicht vergessen. „Machstn grade? Im Club geht heut
noch was. Sieg.“ Ich antworte: „Hab grad n Nigger geklatscht. Bin aufm Weg.
Heil“. Ich gehe weiter, nun mit einem Ziel. Der Körper rückt weiter in die
Ferne. Meine Zehen fangen an zu Schmerzen. Bestimmt von der Kälte. Aus dem
Hauptbahnhof kommen zwei größere Gestalten. Ich ahne übel, verstecke mein Kinn
in der Jacke und gehe etwas zügiger weiter. Auch die beiden werden schneller.
„Stehen bleiben!“ Ruft einer. Ich denke nach, was das Beste wäre. Zu lange,
denn jetzt lohnt sich das Wegrennen nicht mehr. „Ja?“ Frage ich genervt und
drehe mich um. Zwei Bundespolizisten vom Bahnhof, mit Brustpanzer und aller
möglicher Ausrüstung am Gürtel. Eine Frau und ein Mann. „Hier soll es eine
Schlägerei gegeben haben. Ich nehme an, Sie haben nichts mitbekommen?“ Fragt
der Mann vorwurfsvoll. Die Olle guckt misstrauisch. „Nee.“ Nörgel ich und bin
dabei mich umzudrehen, als sie mich an der Schulter packt. „Moment mal,
Freundchen.“ „Was denn nun noch?“ Ich soll pusten. 1,48 Promille. „Sie kommen
jetzt mal mit uns mit.“ Sagt sie. „Was? Weil ich was getrunken hab, oder was?!“
keife ich zurück. Die Wut in mir steigt hoch. „Weil es Hinweise darauf gibt,
dass sie was mit der Schlägerei zu tun haben.“ Ich blicke unwillkürlich zum
Weihnachtsmarkt zurück. Blaulicht schimmert an den Häuserwänden. Ich kann nicht
anders. Wenn, dann will ich dem wenigstens noch die Nase brechen. Ich schlage
zu. Bevor ich ein zweites Mal ausholen kann, packt die Schlampe mich am Arm und
zerrt ihn mir auf den Rücken. Ich geh in die Knie. „Lass mich los, scheiß
Bulle!“ Der Typ rappelt sich auf. Total mit Blut im Gesicht verschmiert, kniet
er sich auf meinen Rücken. „Sie sind vorläufig festgenommen!“ und klingt dabei fast
zufrieden. „Drecks Jude!“ Ich werde zum Bahnhof und dann in den Wagen gezerrt.
Wehren kann ich mich nicht mehr, sonst brechen sie mir den Arm.
In der Station angekomm, werde ich zum Leiter geschleift.
„Lasst uns allein!“ befiehlt er seinen Leuten. „So, Herr Kalke. Sie schon
wieder.“ Er schaut auf meine Akte und blickt mich dann mit einer eiskalten
Miene an. Ich schniefe noch ein wenig, doch beginne zu lächeln. Jetzt kann auch
er nicht mehr anders und muss lachen. „Mensch Ralf, machstn du schon wieder hier?“
feixt er und lehnt sich zurück. „Ach, da war son Afroamerikaner.“
Spöttel ich, rolle mit den Augen und mache bei dem Wort eine Affengeste. „Tja,
hier behalten muss ich dich trotzdem erstmal. Wolltest noch in den Club?“
„Eigentlich schon. Gehst du?“ grummel ich. „ICH gehe.“ lacht er sich ins
Fäustchen. „Ha ha… Kann man da sonst noch was machen?“ frage ich. Er überlegt.
„Puh… also der, ähm, Schwarze… wollte dich bestimmt beklauen, oder? Und
die beiden Bullen haben schon öfter übertrieben. Also Notwehr wird schon gehen.
Außerdem ist das nicht Aufgabe der Bundespolizei. Um bissl Straßefegen wirste
aber trotzdem nicht drumrum komm. Schätze ich.“ Naja, immerhin, denke ich. Er
nickt mir noch kurz zu und ruft dann mit verärgerter Stimmt
„Ausnüchterungszelle! Und den Bahnhofsleiter ans Telefon!“ Ich danke ihm mit
einem Nicken, während hinausgeschleift werde.
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6 Kommentare:
Wow, sehr gut geschrieben...wurde gerade richtig in die Geschichte reingezogen. Mehr bitte. :)
Vielen Dank :-). Für den Adventskalender habe ich ja mein Kontingent schon ausgeschöpft, aber hin und wieder erscheint auch mal so ein Artikel von mir.
Bei dieser Geschicht finde ich es aber ein wenig gruselig, dass mir sowas überhaupt in den Sinn kommt...
Ja, ich weiß, hab mir schon einiges von dir durchgelesen und finde es echt gut. :) Aber besonders diese Geschichte hat mich wie gesagt richtig in den Bann gezogen.
Jaja, der Wilhelm immer mit seinen Regeln...da muss man einfach mal Rebell sein oder Struppeks Blog hacken.
Hast du eigentlich einen Blog oder denkst du mal drüber nach, irgendwo regelmäßig zu veröffentlichen? ^^
Ich habe mal mit dem Gedanken gespielt, einen eigen Blog zu erstellen. Und Willi hat mir übrigens auch schon dazu geraten :). Aber: 1.) ich habe meistens nur kleine Phasen, in denen ich Artikel schreibe und 2.) bin ich dann aber auch irgendwie so eitel, dass ich wenigstens ab und zu mal einen Kommentar lesen möchte.
Ich besuche regelmäßig die Blogs meiner Freunde (Xesier, Vierfachantrieb...) und die Zeiten sind vorbei, in denen die Besucher noch Lust hatten, auch mal was längeres zu lesen und ihren Senf dazu geben wollten. Das finde ich sehr schade, denn ich denke, ein Blog ist dann auch ein Wechselspiel zwischen Verfasser und Leser.
Und deshalb trete ich nur ab und an als Gastautor auf.
Jup jup, kenn ich. Ich bekomme im echten Leben mehr Feedback zu meinem Blogzeugs (von Freunden und Bekannten, die davon wissen)als in den Kommentaren. Das finde ich auch schön, doch so ein Kommentar ab und zu brauch man manchmal schon, um nicht das Gefühl zu haben, dass man die ganze Zeit gegen eine Wand...spricht...schreibt.
Aber ich bin da manchmal auch nicht besser, wenn ich ehrlich bin. Es ist eben oftmals leichter das "gefällt mir" auf irgendwelchen Plattformen zu drücken, als sich für ein ausführliches Feedback Zeit zu nehmen.
Ich werde auf jeden Fall weiterhin gespannt deine Texte verfolgen und wenn du dich dann doch eines Tages mal für einen Blog entscheidest dann schreib mir mal. :)
Waaaahh, 'echtes Leben' mal bitte in Anführungsstrichen...ich hasse diese Bezeichnung. :D
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