Sonntag, 14. März 2010

Gastautor/ Wir haben doch verdammt noch mal, nie darüber nachgedacht ...

Der Meister besucht den Tempel des Lehrlings. Dieser Satz ist für mich schönste Metapher für den Gastauftritt von Henry auf diesem Blog. Er fragte mich gestern, ob er bei mir einen Artikel veröffentlichen könnte und nach kurzem Zögern sagte ich zu. Ich mache eine Ausnahme, weil eigentlich hatte ja Henry mit der befristeten Stilllegung von Xesier auch seine Möglichkeit des Bloggens niedergelegt. Ich hab kurz überlegt ihm diese Bitte abzuschlagen, einfach um damit meinen Missmut über den eingeschläferten Blog zu zeigen. Aber Henry ist nach all den Jahren immernoch ein Lehrmeister in Sachen Blog und Nerdkram. Und natürlich ist er in erster Linie mein Freund. Vor ein paar Jahren schrieb ich auf seinem Blog. Heute schreibt er mal auf meinem. So schließt sich der Kreis. Und nun viel Spass beim Lesen.

Wir haben doch verdammt noch mal, nie darüber nachgedacht ...

Funktionieren Animes als Realfilme?


Früher war alles einfacher, und besser. Ich kam um 13:00 Uhr nach Hause, ich schaltete im Wohnzimmer den Fernseher an, nahm das leckere Essen, was mir meine Oma hochgebracht hatte und schaute für circa drei Stunden den einzigen Sender, der für mich zu dieser Zeit etwas bedeutete: RTL2. Und obwohl ich nicht mit allen Sendungen etwas anfangen konnte (Big Brother wird ja aufgrund einer Raum-Zeit-Störung merkwürdigerweise heutzutage immer noch ausgestrahlt), so war ich dennoch von diesen merkwürdig kantigen Figuren mit den großen Augen, die uns Vampy, später Be und letztendlich dann Pokito präsentiert haben, absolut fasziniert. Keine Frage, ich spreche natürlich von Animes.

Und ich weiß, es mag wie ein schlechtes Klischee klingen, aber der erste Anime, den ich wirklich bewusst wahrgenommen habe, war Pokémon. Ja, ich war einer derjenigen, die mit Ash Ketchum aus Alabastia mitgefiebert haben, als er das erste Mal auf Rocko traf, den Quellorden überreicht bekam, obwohl er Misty nicht besiegt hatte und schließlich dann auf dem Indigo-Plateau gegen Richie in einem Freundschaftsduell verlor. Ich war dabei gewesen. Ja! Und ab diesem Moment gab es für mich nichts Schöneres, als mir die Zeit mit Animes zu vertreiben.

Sailor Moon, Dragonball (oh ja), Ranma 1/2, Wedding Peach, DoReMi, Shin Chan, Inuyasha, Yu-Gi-Oh!, One Piece, Digimon, Beyblade, Kickers, Captain Tsubasa, Detektiv Conan, Duel Masters, Monster Rancher, Dr. Slump, fucking Hamtaro, Jeanne, die Kamikaze-Diebin, Mila Superstar, Pretty Cure, Prinzessin Erdbeer, Flint - Der Zeitdetektiv und Shaman King. Und das waren nur die Serien, die regelmäßig auf RTL2 liefen. Wenn man den Einfluss von Viva, MTV, Tele5 und Animexx noch dazu nimmt, dann hatte man Zugriff auf ein schier unglaubliches Angebot an gut ausgearbeiteten Zeichentrickserien, die zwar in einigen Fällen auch versucht haben, uns immer und immer wieder das Gleiche zu verkaufen, aber es trotzdem geschafft haben, dazu noch eine packende Handlung zu erzählen. Und obwohl ich ebenfalls ein großer Fan von amerikanischen Zeichentrickserien war, so kamen mir Animes trotzdem immer etwas besser vor.

Ich glaube, das liegt daran, dass die meisten amerikanischen Serien versuchen die Handlung mit bekannten sich selten ändernden Figuren zu erzählen, während bei asiatischen Produktionen am Anfang meist schwache Helden stehen, die sich erst im Verlauf der Serie beweisen müssen. Beide Varianten funktionieren natürlich auf ihre eigene Weise und man kann mit ihnen glücklich werden. So bieten amerikanische Serien durch ihren Ansatz die Möglichkeit, die Folgen häufiger anzuschauen, da die Charaktere nicht fest an einen bestimmten Punkt in einer Geschichte gefesselt sind. Das sieht man zum Beispiel bei South Park, den Simpsons, Family Guy, Familie Feuerstein oder auch bei Scooby Doo, bei denen die Charaktere sich so gut wie nicht verändern und ein Hinweis darauf meist für die Handlung unwichtig ist. Man kann sich also vollständig auf die entsprechende Episode konzentrieren und muss nicht überlegen, in welcher Hinsicht sich diese Folge auf die restliche Geschichte auswirkt.

Im Gegensatz dazu stehen viele asiatische Produktionen, die Charaktere in den Vordergrund stellen, die eine starke Umwandlung durchmachen. Dragonball, Kickers, DoReMi oder Mila sind perfekte Beispiele dafür, wie ein schwacher Protagonist oder eine schwache Mannschaft durch äußere Einwirkungen und Konflikte zu einer starken Person oder Team heranwächst. Diese Art und Weise führt uns viel näher an die einzelnen Personen heran und lässt uns starke Sympathien für ihre Anstrengungen empfinden. Das ist es auch, was mich letztendlich so sehr von Animes überzeugt hat. Die Gefühle und Emotionen, die sich in den gezeichneten Gesichtszügen widerspiegelten, sind einfach nur unfassbar gut.

Mich haben die packenden Geschichten und die unvergesslichen Charaktere der Animes deshalb nicht mehr losgelassen und heutzutage kann ich gar nicht mehr genug davon bekommen. Trotzdem fange ich hin und wieder an zu träumen und frage mich dann, wie es wohl wäre, wenn man diese Einzigartigkeiten, die mir so viel Freude bereitet haben, als etwas umsetzt, das noch wesentlich realer wirkt und vielleicht sogar Menschen erreicht, die sich noch nie mit Animes auseinandergesetzt haben? Ja, was wäre es, wenn man so unvergleichliche Serien wie Dragonball, Cowboy Bebop oder Samurai Champloo vielleicht als Film umsetzen würde? Bekämen diese genialen Anime-Serien dann mehr Zulauf und könnten sie einige Menschen vielleicht über die Darstellungen hinwegblicken lassen, die diese zuvor abgeschreckt haben?

In vielerlei Hinsicht bieten sich Anime-Serien für eine Filmumsetzung an. Es gibt in den meisten Fällen einen starken Protagonisten, eine umfassende ausgearbeitete Welt und einen recht leicht verständlichen Plot. Und gerade heute in einer Zeit, in der es Comicverfilmungen mehr und mehr schaffen Millionenbeträge auf die Konten von Produktionsstudios zu spülen, fragt man sich natürlich, warum es noch keinen großen Anime-Umsetzungs-Hype gibt. Ich denke, dass dafür zwei wesentliche Gründe verantwortlich sind. Zum einen sind Animes oder eher noch Mangas eine asiatische Variante des Comics und deshalb prädestiniert dafür auch auf dem asiatischen Markt angeboten zu werden, in dem sie einen viel größeren Einfluss haben. Zum anderen besitzen aber auch die meisten westlichen Produktionsstudios wenige Rechte an Animes und haben auch sonst wesentlich weniger Kontakt mit der asiatischen und allgemein der Comic-Buch-Kultur. Selbst der heutige amerikanische Comic-Film-Boom ist erst mit Spider-Man wirklich groß geworden.

Dennoch würde sich der Blick über den pazifischen Ozean sicherlich das ein oder andere Mal lohnen, denn im asiatischen Raum kranken die Filmumsetzungen der Animes häufig an abgehobenen und viel zu kleinen Aufnahmen. Tatsächlich arbeiten zurzeit sogar zwei große Studios an Umsetzungen zu einem Cowboy-Bebop- und einem Akira-Film und ich bin natürlich Feuer und Flamme, wenn es darum geht, Informationen zu diesen Filmen aufzusaugen. Trotzdem bleibt das eher verdeckt, die meisten Menschen interessieren die Umsetzungen nicht und dementsprechend gibt es auch wesentlich weniger Öffentlichkeitsarbeit als diesen großartigen Animes vielleicht zustehen würde.

Doch vielleicht sollte man noch ein wenig tiefer gehen und fragen, ob es denn unbedingt so sinnvoll ist, einen Anime als einen Realfilm umzusetzen. Im Grundsätzlichen halte ich das heute für einen Fehler, lasse mich aber trotzdem immer gerne vom Gegenteil überzeugen. Ich denke, dass Animes durch ihren Zeichenstil und auch durch ihre Einfachheit in einer Filmumsetzung so viel Charme aufgeben würden, dass die Realität alles, was den Anime gut gemacht hat, verschlucken würde. Und damit stehe ich ja auch nicht unbedingt allein da. Wie ich schon angesprochen habe, kranken viele Anime-Umsetzungen an einer weniger guten Produktionsqualität, aber habt ihr euch eigentlich schon einmal überlegt, was es bedeutet, wenn man beispielsweise Pokémon als einen realitätsnahen Film umsetzen müsste?

Wir haben doch verdammt noch einmal, nie darüber nachgedacht, dass Tiere, die Elemente aus ihren Rachen spucken können und die ständig in Kämpfe verwickelt sind, doch auch irgendwie gefährlich für Menschen sein könnten. Auch haben wir nie in Frage gestellt, dass ein zehnjähriger Junge auf Weltreise geht, um andere Menschen mit Tierkämpfen zu besiegen, um letztendlich nur an einem weiteren brutalen Tierkampf-Turnier teilnehmen zu können. Wir waren doch so unschuldig, verdammt. Aber nein. Das wäre nur ein Beispiel für die Probleme, die auftreten würden. Auch die Welt von Dragonball ist so gut wie nicht umsetzbar. Es würden so viele Witze einfach nicht funktionieren, weil diese allein auf der Naivität und Unschuld der Zeichnungen und Charaktere beruhen. Würde man wirklich einen Dragonball-Film (ich meine einen richtigen) drehen wollen, dann müsste man sich auf so viele Dinge konzentrieren, dass darunter wahrscheinlich die gesamte Handlung leiden würde. Und wem wäre damit geholfen?

Ich denke letztendlich, dass viele Filmumsetzungen von Serien darunter leiden, dass einfach zu wenig Platz für eine ausgewogene Einführung und eine spannende Geschichte vorhanden ist. Da bilden Animes mit ihren verwobenen Handlungssträngen sicherlich auch keine Ausnahme. Dennoch wünsche ich mir in meinem Herzen einfach auch einmal einen bombastischen Film, der die Helden meiner Jugend in eine Welt transferiert, die wesentlich näher an der Wirklichkeit ist, als Zeichentrickserien jemals sein können. Aber wer weiß, wo uns die Zukunft der Comic-Verfilmungen noch hinführen wird. Vielleicht werden ja Cowboy Bebop und Akira riesige Erfolge und ermöglichen auch andere Filmumsetzungen. Wirklich daran glauben, kann ich aber noch nicht.

4 Kommentare:

Escalate hat gesagt…

Also Cowboy Bebop als Realverfilmung stell ich mir schwierig und lächerlich vor. da müssten sie ja echt viele Requisiten haben, was aber lächerlich rüberkommen würde. oder sie animieren alles mit computer und dann könnten sies auch gleich bei dem anime sein lassen. samrai champloo wäre einfacher und da kann man auch viel draus machen.

und das mit pokemon stimmt. als du mir die bilder der "realen pokemon" geschickt hast, hatte ich schon ein bisschen angst. die könnten wirklich nicht nur gutes bringen.

top artikel der mich in xesier- erinnerungen schwelgen lässt.

ringvernichter hat gesagt…

Mögen mich meine Testerstoronhormone nun innerlich anzünden und mit Miniaturmistgabeln zerstechen, aber alter Sailor moon war mal ne echt hammer Serie. Die hat mich echt mitgerissen.

Matti hat gesagt…

"Frühling" im hintergrund laufen lassen und Henry's artikel lesen...ein schöner wochendsabschluss.

Dragonball...nur die wirklich aller ersten folgen geil, Ranma 1/2...brauch ich wahrscheinlich nicht erklären warum ich das geguckt hab,Shin Chan...mochte ich mich immer gerne mit identifizieren, Yu-Gi-Oh!... fand ich zu "mitläuferisch", Digimon = ABKLATSCH, Beyblade... brummkreisel... aber irgendwie dann doch cool, Kickers... auf jeden, Captain Tsubasa... naja, okaye fortsetzung, Detektiv Conan... manchmal echt spannend, Duel Masters...kenn ich nicht, Monster Rancher...Monchi-Chi^^, fucking Hamtaro...au man, waren die knuffig, Sailor moon... echt nicht mein fall gewesen

Be war der orangene typ, nicht? der war okay. Pokito fand ich zu gestellt.

ach...in erinnerungen schwelgen...danke Henry

Jules Griffin hat gesagt…

mh ja ging mir ähnlich... nach hause gekommen und RTL II angeschmissen... dragon ball, conan, digimon, beyblade... aber das würd ich heute net mehr gucken, is mir einfach alles zu kindisch-nervig. riesige ausnahme is da one piece!

http://www.youtube.com/watch?v=gEoCtzpM2EE&feature=related

wuahahahaa!