Samstag, 18. Dezember 2010

Türchen Nummer 18

Manchmal da möchte ich einfach nur ein Beschützer sein. Ich möchte Freunde davor beschützen Angst zu haben. Ich will sie vor Fehlern schützen. Ich will Leute vor der Trauer schützen. Lasst mich euch schützen. Meine liebsten Helden, sind die, die sich aufopfern.






















Meine Stadt Forst hat nicht den besten Ruf. Eine sterbende Stadt. Grau. Hoffnungslos. Doch je länger ich fern ab von Forst lebe, desto mehr merke ich, dass ich mit dieser Stadt verbunden fühle. Diese Stadt hat mich aufgezogen, mit all ihren verrückten tollen Charakteren. Hier läuft natürlich vieles falsch, und trotzdem schaffen es die Jugendlichen hier tolle Eigenarten zu entwickeln. Als ich gestern abend auf der Party des 13. Jahrgangs war, musste ich an diesen Vorstellungen zweifeln.

Bevor ich mich dahin aufmachte, fragte ich noch Jonas, ob er auch kommen will:

ringvernichter17.12.2010 20:48
heute abend metallbau´?
Alpa Chino17.12.2010 20:48
nee ich komm nich dahin
ringvernichter17.12.2010 20:48
willst darfst oder kannste nich
Alpa Chino17.12.2010 20:50
wollen.. hab nich so lust mich von irgendwelchen kettentragenden faschos belabern zu lassen.. hab bisher nur schlechte erfahrungen mit diesem discozeug.. aber zu euer jahrgangsparty komm ich ;-)
ringvernichter17.12.2010 20:51
naja ich werd mal gucken gehen wer so da ist. wenns zu krass wird hau ich ab.
ringvernichter17.12.2010 20:51
schade. haben die mitterweile echt son status, dass die leute vergraulen
ringvernichter17.12.2010 20:51
ich kannte die anfangs noch als minderheit
ringvernichter17.12.2010 20:53
najuti dann mach dir trotzdem noch nen schönen abend. man sieht sich. ich sag nur nachtrodeln.
ringvernichter17.12.2010 20:53
bis dann
Alpa Chino17.12.2010 20:53
ja das hat sich verschlimmert!
ringvernichter17.12.2010 20:53
fuck


Und so machte ich mich auf den Weg zum Metallbau. Ich hab schon erwartet ein paar Faschos anzutreffen. Sie waren immer dabei. Aber sie waren immer nur eine Minderheit. Eine Minderheit die zwar von mir nicht gern gesehen war, aber meistens nicht weiter die Party beeinflusst hat. Und das Gespräch mit Jonas machte mich nachdenklich. Und ich ging mit einer bestimmten Einstellung zur Party. Ich fühlte mich wie der Protagonist in einem dieser Filme, wo er seit langer Zeit in seine Heimatstadt kommt und dann sieht was fürn Drecksloch draus geworden ist. Irgendwie war ich aufgedreht. Ich nahm mir vor wenigstens die Faschos mit bösen Blicken und so zu strafen. Zur Einstimmung hörte ich auf den Weg dorthin ein bissl Kanye. Und was wurde aus meinen Versprechungen? Gleich am Eingangstor stand ein ehemaliger Klassenkamerad, der auch er dem rechten Lager zuzuordnen ist.

Und wie war meine erste Begegnung mit dem rechten Lager?

"Na, Willi wie gehts?"

"Joa, ganz gut. Ist schon viel los?"

"Ne, noch garnix, trinken wir nacher einen zusammen?"

"Na,klar."


That´s why I never be a hero....


Und es war wirklich noch nicht viel los. Aber Henry war schon da und wir laberten. Und plötzlich kamen sie. Es waren nicht nur die üblichen 5 Mann. Es waren dutzende. Immer mehr kamen dazu. Und gegen 12 kam mir die Erkenntnis. Aus dieser Minderheit wurde das allgemeine Bild des Forster Jugendlichen. Na, klar waren auch nette Leute dabei. Aber wir waren in der Unterzahl?

Und wenn ihr jetzt mit Argument kommt, aber die waren doch friedlich, dann hier noch ein paar Anekdoten.

Als ich einen von den Frage, warum seine Hand eingegipst sei, sagt er nur: "Bin unglücklich gefallen... belassen wirs dabei"


als Teddy kam, bin ich auf ihn zugerannt und bin dabei durch die Massen gedrängelt. Teddy meinte danach zu mir, das hätte einige böse Blicke auf mich gezogen. Merke! Nazis sind wie Raubtiere. Keine schnellen Bewegungen!


Apropos Raubtiere, die dazugehörigen Mädels trugen schätzungsweise den gesamten Leopardenbestand Afrikas als Oberteile. Ich lege große Hoffnungen in diese Frauen. Sie können diese Bewegung aufhalten. Wenn die Irgendwann sich gegenseitig hassen und sich die Typen ausspannen wird sich hoffentlich diese Kameradschaft in den Abgrund stürzen.


Ich hab an dem Abend die unterschiedlichsten Geschäftsideen entwickelt. Von Partyfotos an die Antifa verkaufen, über Prügeleien filmen und unter dem Namen "Nazis gone wild" zu verkaufen und Führungen zum Gedenkstein der Forster Synagoge anzubieten. Ich habe diese Späße gemacht um meine Machtlosigkeit zu überdecken. Was wurde aus meinem Gotham City? Sehen so jetzt alle Partys aus in Forst? Ist dass das Bild der Jugend? Ich weiß, ich hatte dieses Thema schonmal. Aber damals zeigten sich zwar die Nazis viel öffentlicher, aber nicht so groß von der Anzahl her. Gestern waren soviele Faschos da wie noch nie. Wäre des ne Geburtstagsparty von einen von den gewesen, oder die Record-Release Party von Prussian Blue hätte es mich ja nicht gewundert. Aber verdammt nochmal! Das war die offizielle Party des Abiturjahrgangs!


Ich hab gestern abend sogar geplant mal mit nem Mädel rumzuknutschen, aber der Perosnenkreis hat mir den ganzen Abend versaut. Teddy nahms nicht so eng, er tanzte ausgiebig und war gut drauf. Er meinte auch zu mir, ich solle mir nicht so ein Kopf drüber machen, und mich lieber über die Leute freun die ich mag. Aber ich kann bei solchen Partys sowas nich. wir Nerds sind schon immer die Aussenseiter. Aber bei meinen alten Partys wars den Leuten egal. alle waren gut drauf und auf der Tanzfläche tanzten Hardcorepeople mit Tussis und Nerds. Gestern abend hatte ich Angst überhaupt Leute anzurempeln. Falscher Blick zur falschen Zeit und du hast dir nen Feind gemacht.


Trauriger Höhepunkt des Abends: Hitlergruß während KlingKlang von Keimzeit gespielt wurde. Mein Songwunsch des Abends war "Schrei nach Liebe." Er wurde nie gespielt.


Um 3 bin ich dann nachhause gelaufen. Vollkommen fassungslos. Das wirklich traurige an diesem Abend waren nicht die Massen an Nazis, sondern wie der Rest drauf reagiert. Es ist ihnen egal. Es ist Alltag hier geworden. Warum muss Forst plötzlich das Klischee erfüllen? Warum hat dieses Pack mittlerweile so nen Status, dass Leute wie mein Cousin keinen Bock mehr haben auf Partys haben, weil man auf die Typen treffen könnte. Wäre ich Bruce Wayne, würde ich heute Abend in mein Kostüm schlüpfen und in der Stadt und auf den Dörfern ein paar Clubs einen Besuch abstatten. Dafür sorgen, dass ihnen klar wird, dass diese Stadt nicht ihnen gehört und niemals gehören wird. Aber ich bin nicht Bruce Wayne. Ich bin nur ein Typ, dem das all egal sein kann, weil er hier eh nicht mehr wohnt. Ist es mittlerweile so krass hier, dass man nur noch zwischen Park 7 und Dorfclub wählen kann?


Wenn die Nazis von ihren Dörfern nun in die Stadt ziehen und wahrscheinlich hier schon mehr rekrutieren, als dass es die Linken können, dann wird dass hier noch alles sehr unschön.


Forst, was hat dich bloß so ruiniert?

8 Kommentare:

Henry hat gesagt…

Die Welt ist so traurig.

Matti hat gesagt…

Teddy war das schon immer "egal". Fand ich auch immer uncool von ihm.

ringvernichter hat gesagt…

@matti.

ich halte ihn deswegen nicht für uncool. ich hab ihn ja gestern auch verstanden. er wollte nach ner anstrengden Arbeitswoche einfach mal Party macehn und spass haben. Er ist einfach ein gutmensch. manchmal sogar noch krasser als ich.

Madse hat gesagt…

Mir gehts da in etwa so wie dir, es gab sie, aber ich hab sie nie als so dominierende Masse wahrgenommen. Dabei war Forst immer noch die punkigere Stadt hier in der Gegend... Alles dahin..

David hat gesagt…

Das Problem ist schon klar, aber was tun? Ich würde den Party-Veranstaltern da keinen Vorwurf machen. Und wenn man gegen Nazis ist, muss man auch nicht zwangsläufig im Park 7 sein...

Matti hat gesagt…

@ Willi:
Er ist doch deswegen nicht uncool. Aber er ist schon immer locker mit dem Thema umgegangen und das hab ich nie verstanden.

Jonas hat gesagt…

traurig, einfach nur verdammt traurig.

opa langbein hat gesagt…

lieber ne party im bunten veranstalten und metallbau meiden als partylocation
boykottiert die scheisse, kein geld in die kasse und so
aber im bunten gibts auch mal aufs maul...ab und an...