Sonntag, 19. Dezember 2010

Türchen Nummer 19

4. Advent. Erster Artikel einer FÖJ-Kollegin. Fine könnte einigen sogar bekannt sein. War mal mit mir in Forst zum Nachtrodeln und so. Ich war mal sogar kurzzeitig in sie verknallt, weil sie die Frau, die sich für Comicverfilmungen interessierte. Sie studiert nun in Cottbus und wohnt mit der tollen Steffie, einer weiteren FÖJ-Kollegin zusammen. Viel Spass!



„I am, what I am“!

Das ist wohl eher kein Advents-Weihnachts-Beitrag, aber es ist ein Beitrag und einer, der mich immer mal wieder beschäftigt.

Ich freu mich für all jene, die in dieser kalten Jahreszeit jemanden zum Kuscheln an ihrer Seite haben. Wenn man das Glück hatte wie ich schon vor der ersten Schneeflocke verlassen worden zu sein, kann man nur hoffen, dass es zum nächsten Winter etwas wird. 

Was für mich mit solchen Trennungen von lieb gewonnenen Menschen, die einen zwar mögen aber nicht lieben, einher geht, ist die Sinnkrise, die daraus entsteht. Die Antwort auf das „Wieso, warum, weshalb, was ist falsch an mir?“ sucht man schließlich immer erst bei sich. Und wieder mal steh ich alleine auf meinem Balkon und frage mich, wer bin ich, wer will ich sein oder bin ich die, die die anderen wahrnehmen und somit anders als ich denke?
Mein Problem an allem ist in den meisten Fällen, dass ich, wie man sagt, wohl keine Ecken und Kanten habe. Ich bin neugierig, interessier mich für alles, wenn auch nur um herauszufinden, ob ich mich damit weiter beschäftigen möchte. 

Schon in der Schule konnte ich alles gut, aber nichts besonders. Mathekönig, Deutschkenner, Geofreak, Sportass…das waren andere. Ich war überall 2. (außer Sport, da war ich immer eine der Letzten). Aber dafür wird man nicht ausgezeichnet. Ein zweiter Platz fällt keinem auf.
Mein Vorteil war, durch das große Interesse an allem, bin ich im Vergleich zu allen anderen Spezialisten leicht durchs Abitur gekommen.
Dann stand die Studienwahl an und ich stand vor einem Riesenproblem. Während andere sich freuten, endlich ihrem Talent und ihrer Leidenschaft nachgehen zu können, suchte ich ein Studium, bei dem ich auf möglichst wenig verzichten musste. Wer weiß schon, ob ich mich nach einem halben Jahr immer noch für das interessiere oder schon wieder für was anderes? Die Suche dauerte so lange, dass ich vorerst ein wenig mehr Zeit brauchte und deswegen ein FÖJ gemacht hab, in einer Einsatzstelle, die mehr als nur Besucherzentrum ist. Ich war Gärtnerin, Putzfrau, Hausmeisterin, Sekretärin, Naturschützerin, Köchin, Bäckerin, Pädagogin, Exkursionsleiterin, Seminarleiterin…Aber FÖJs sind zeitlich begrenzt und für die Ewigkeit ist das auch nichts, deswegen MUSSTE ich mich irgendwann entscheiden. Und ich hab es geschafft. Zurzeit studier ich Wirtschaftsingenieurwesen für Umwelttechnik an der BTU Cottbus. Wir sind cooler als die BWLer, weil wir nicht nur unseren Gewinn im Kopf haben und uns aufgrund von Desinteresse nichts anderes übrig blieb als BWL zu studieren (gibt vereinzelte Ausnahmen), sondern weil wir unsere Fähigkeiten und Fertigkeiten einsetzen, um die Welt ein Stück besser zu machen. Wir können Wirtschaft genauso gut wie Naturwissenschaften und Technik. Und weil wir so toll sind, kriegen wir massig Geld. Voraussetzung wir überleben das Studium. Von den 160 Studenten sind nur noch 110 übrig und das Semester hat erst angefangen. Karrieretechnisch konnte ich meine Vielfältigkeit also gut unterbringen und mit viel Glück, Talent und ausreichend Fleiß, lässt es sich später damit gut leben. 

Aber persönlich bin ich kein Stück weiter. Wenn man allen Eigenschaften ihr Gegenteil gegenüber stellen würde, stünde ich wohl überall in der Mitte. Wenn ich mir meinen Freundeskreis betrachte, sind da alle Interessengruppen vertreten: politisch Aktive, politisch Uniteressierte, Ökis, kommerziell Orientierte, Metaler, Chartshörer, Indiehörer, Stubenhocker, Weltreisende, Nerds, Computerunbegabte, ruhige Menschen, schrille Menschen….Und überall gehör ich dazu, fast. Den Ökos zu kommerziell, den Kommerziellen zu Öko, den Ruhigen zu aufgedreht, den Aufgedrehten zu ruhig, den Nerds zu normal, den Normalen zu nerdig…Eben überall zweite. Nicht, weil ich mir irgendwelche Hintertürchen aufhalten will, aber ich kann mich nicht für eine Richtung entscheiden, weil ich mich nicht gegen alle anderen entscheiden kann. Und das ist das Problem. Richtig zugehörig fühl ich mich nirgendwo. Aber nur zu einer oder wenigen Interessensgruppe gehören und dafür andere aufgeben, will ich auch nicht. Manchmal ist Vielfältigkeit statt Gabe eben auch Fluch, und deswegen mal ein Hoch auf die Einfältigkeit, sie erspart einem manche schwere Entscheidung sowie scheinbare Beziehungen und weitere Trugschlüsse.

Aber so bin ich nun mal nicht, ich bin alles und von allem etwas und das auch gerne, mal mehr, mal weniger. Denn jetzt kommt die Situation hinzu, dass man mir den Laufpass gegeben hat mit den Worten:„Du brauchst jemanden, der so ist wie du!“ Das geht nicht. Gerade in einer Beziehung braucht es Gegensätze, damit man nicht zu viel Zeit miteinander verbringt und sich irgendwann langweilt. Schließlich will man auch was lernen vom anderen, andere Welten kennenlernen. Aber wer ist mein Gegensatz? Eigentlich nur jemand, der sich für nichts interessiert und zu Hause die Wand anstarrt. Da fällt mir nur Bernd das Brot ein…Da Brote mit den obligatorischen „Traumprinzen“ nichts gemeinsam haben, heißt es warten und singen, wie Gloria Gaynor es tat: „I am, what I am!“

 

KEKSesserin 


"Boah, was für ein mieser Post." Wenn du gerade diese Gedanken beim Lesen hast, dann machs einfach besser! Schreib mir deinen Post und ich werde ihn hier im Laufe des virtuellen Adventskalenders veröffentlichen. Schreib einfach ne Mail mit deinem Post an ringvernichter@gmail.com. Werde Teil des Kessels. Werde Teil eines Weihnachtswunders. Hab Spass!

5 Kommentare:

Hannes hat gesagt…

Toller Artikel. In vielen Punkten sprichst du mir aus der Seele

Madse hat gesagt…

Wirklich klasse Post. Selbstfindung ist mies, wenn man Teile von sich selbst aufgeben muss...

Matti hat gesagt…

Dieser Blog, und auch dieser Artikel, strotzt von Ehrlichkeit, deswegen liebe ich ihn so!

anne hat gesagt…

immer diese unentschlossenheit-aber egal vielfältigkeit finde ich trotzdem faszinierender als einfältigkeit, aber ich versteh dich.

willi ich find die adventskalenderidee toll. man kriegt irgendwie so viel mit von irgendwelchen menschen die man gar nicht kennt, aber die alle diesen blog möegen!

affenschiss hat gesagt…

jo echt gute posts in letzter zeit und die gastautoren z.t. auch !!!

und hier wird so ne allgegenwärtige individualistenkrise deutlich, was in vielen wohlstandsgesellschaften zunimmt....

individuell sein wollen, aber irgendwo auch dazugehören wollen...